In Nepal arbeitet die Mikrobiologin Deena Shrestha daran, den Erreger der sogenannten Elefantiasis auszurotten. Es ist auch ein Kampf gegen Armut.
Die vierzigjährige Mikrobiologin Deena Shrestha könnte es bequemer haben: Sie könnte immer noch in einem klimatisierten Labor im brasilianischen Ouro Preto forschen, wo sie von 2011 bis 2014 ihre Doktorarbeit in Parasitologie schrieb, unterstützt durch Stipendien aus Italien und Brasilien. Sie könnte dort mit ihrem Mann, einem Biologen, und ihrem Sohn im Volksschulalter ein geruhsames Leben führen.
Shrestha wurde in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu in eine Mittelklassefamilie hineingeboren. Ihr Vater war Ingenieur und ermöglichte ihr eine gute schulische Ausbildung. Der Traum der Teenagerin, Medizinerin zu werden, wurde von einer Faszination für Mikrobiologie abgelöst. So studierte Shrestha Biologie.
Wer in Nepal arm ist, kann nicht studieren. Viele der Bessergestellten gehen an Universitäten im Ausland und bleiben weg. Andere wandern nach dem Studium in ihrer Heimat wegen gut bezahlter Stellenangebote aus: Der sogenannte Braindrain ist für Nepal ein großes Problem. Shrestha aber entschied sich zur Rückkehr aus Brasilien: „In Nepal fühle ich mich frei und unabhängig. Und ich kann etwas bewirken für die Menschen und das Land“, sagt sie.
Erfolgsrate erforschen. Oft ist Shrestha unterwegs, beispielsweise, um im zentralnepalesischen Dorf Salyantar ein Pilotprojekt des von ihr und einem Kollegen gegründeten Forschungsinstituts „Center for Health and Disease Studies Nepal“ zu besuchen: Hier werden Moskitos gefangen und auf Wurmlarven untersucht. Die Studie soll zeigen, wie erfolgreich die durch parasitäre Fadenwürmer ausgelöste und durch Stechmücken verbreitete Tropenkrankheit Elefantiasis bzw. Filariose mit Tabletten bekämpft werden kann.
Wenn die Krankheit ausbricht, was Jahre nach dem Befall mit Wurmlarven geschehen kann, bilden sich vor allem an den unteren Extremitäten der Betroffenen große Ödeme, die in schweren Fällen wie Elefanten-Füße anmuten: Rund 15 Millionen Menschen weltweit leiden darunter. „An der Krankheit stirbt man nicht“, sagt Shrestha. „Aber sie führt zu körperlichen Behinderungen, zu seelischen Qualen und sie ist eine Hürde für die Weiterentwicklung armer Familien und Gesellschaften. Tritt sie in einer Familie auf, zementiert sie die Armut.“
Vermeidbare Krankheit. Jeder Fall sei einer zu viel, denn jeder wäre vermeidbar, meint die Mikrobiologin. Wichtig sind Shrestha die Begegnungen mit den einfachen Bauern und Bäuerinnen in Salyantar. Tatsächlich blüht die Forscherin regelrecht auf, wenn sie mit Betroffenen spricht.
Das sind vor allem Menschen, die unter unhygienischen Bedingungen leben müssen, zusammen mit ihrem Vieh, ohne Kanalisation, neben Wasserlacken. Darin können sich die Moskitos entwickeln, die dann als Zwischenwirte für Wurmlarven die Krankheit auf Menschen übertragen.
„Es gibt Medikamente, die die Larven im Körper abtöten“, erklärt Shrestha. Im Jahr 2000 rief die Weltgesundheitsorganisation WHO ein Programm zur Eliminierung der Filariose in Endemiegebieten wie Nepal durch Tabletten aus. Bis 2020 sollte die Krankheit ausgerottet sein. Zur Überprüfung der Erfolgsrate trug auch Shresthas Team bei. Von internationalen und nationalen Gebern finanziert, führte es in rund 40 Distrikten Studien durch, um zu erforschen, ob sich die Krankheit trotz der Tabletten-Aktionen noch verbreiten kann. Von ehemals 63 endemischen Regionen gelten heute 48 als frei von Filariose.
Der Einsatz gegen die Krankheit ist auch ein Kampf für Gerechtigkeit, betont Shrestha: „Es ist einzig eine Frage der Mittel und Ressourcen, die über ihre Eliminierung entscheidet.“ Dafür, dass diese nicht ausgehen, werde sie sich weiterhin einsetzen.
Bernd Hauser lebt in Kopenhagen und ist Mitglied der Reporter:innengemeinschaft Zeitenspiegel. Seit zwei Jahrzehnten schreibt er als freier Journalist über Armut und Entwicklung.
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